…klingt einfach, aber ist es nicht. Oft passiert nur verbaler Schlagabtausch und Gräben werden noch tiefer. Debatten werden von vornherein vermieden oder direkt abgebrochen, sobald bestimmte Schlagworte fallen. Aus Gesprächspartner werden Gegner. Man beißt sich fest an dem was trennt. Am Ende bleibt nur Frust. Was erreicht? Nö – im Gegenteil!
Möglicherweise haben wir es nie richtig gelernt, denn Bildungssysteme und Erziehung waren oft autoritär. Mag auch sein, dass wir zwar in einem liberalen Umfeld aufgewachsen sind, aber heute in eher homogenen Kommunikationsblasen sitzen. Hier wird hauptsächlich Beifall geklatscht, die Daumen gehen hoch und unser Ego kurzzeitig auch. Allerdings – was hat unser Beitrag tatsächlich bewirkt? Gleichgesinnte muss man wohl kaum überzeugen. Spannend wird es erst, wenn wir auf Andersdenkende treffen. Niemand ist unfehlbar und wir irren uns alle mal. Unsere Ansichten können wir nur in Debatten überprüfen und dabei klüger werden. Lösungen für komplexe, gesellschaftliche Probleme lassen sich nur finden, wenn Verschiedene die Köpfe zusammenstecken. Allein im Streitgespräch werden unterschiedliche Perspektiven deutlich. Unser eigener Standpunkt wird uns wieder lebendig, muss er doch erklärt und begründet werden. Sturmerprobte Ansichten sind die Voraussetzung für eigenen Standpunkt und klare Haltung.
Entscheidend ist, mit welcher Einstellung wir ins Gespräch gehen, ob wir offen und möglichst unvoreingenommen zuhören. Zuhören ist das Schlüsselwort. Das bedeutet dem Impuls zu widerstehen gleich zu werten und direkt zu kontern. Wenn wir uns einlassen, können wir den Gesprächspartner in seinem Kontext sehen. Warum denkt jemand, wie er denkt? Scheinbar objektive Tatsachen können je nach Perspektive auch ganz anders interpretiert werden. Demokratisch streiten bedeutet Begegnung auf Augenhöhe – egal, ob jemand mehr studiert, gelesen oder vom Leben gesehen hat. Ziel darf es nicht sein, den anderen zu überreden, meine Wahrheit anzunehmen. Absolute Wahrheitsansprüche erheben im Übrigen nicht nur religiöse Extremisten, sondern all jene, die mit geschlossenen Weltanschauungen durch die Gegend laufen. Die Wirklichkeit ist eben komplex. In Demokratien muss um Kompromisse gerungen werden. Politik ist zwangsläufig konflikthaft, aber zivilisiert gestritten, kommen wir weiter.