Naher Osten nah dran…?

Das Jahr 2021 sollte ein besonderes werden, 1700 Jahre jüdisches Leben. Köln ist Ausgangspunkt des Festjahres, feierliche Auftaktveranstaltung in der Synagoge in der Roonstrasse, die Medien berichten ausführlich. Mitten hinein prasseln im Mai die Nachrichten aus dem Nahen Osten.

Naher Osten nah dran? Wohl schon, denn in vielen Städten gibt es antiisrealische Proteste, Angriffe auf jüdische und israelische Symbole, offenen Antisemitismus auf der Straße. Köln ist auch dabei. Am 15. Mai 2021 treffen sich auf dem Heumarkt 1.000 Demonstrationsteilnehmer*innen. Gleichzeitig sind auch vielerorts Menschen gegen Antisemitismus und aus Solidarität mit Israel auf die Straßen gegangen. In Köln waren es 350.

Das Ausmaß an Antisemitismus ist erschreckend, sagen zu Anlässen Politiker regelmäßig. Es war noch nie anders, sagen viele Jüdinnen und Juden und, dass wann immer sich der Konflikt im Nahen Osten zuspitzt, die Lage für sie hier besonders prekär wird.

Solidarität mit Israel ist Staatsräson, aus guten Gründen. Naher Osten nah dran. Tatsächlich? Das gesellschaftliche Klima sagt etwas anderes. Ein paar Fragen…

  • Israel – Bilder, Assoziationen, Bauchgefühl?
  • Welche Bedeutung hat der Staat Israel für Jüdinnen und Juden in Deutschland, Europa oder auch weltweit?
  • Wann und warum entstand der Zionismus und wodurch gewann die politische Bewegung überhaupt erst an Attraktivität und Bedeutung?
  • Warum müssen Synagogen, jüdische Kindergärten und Schulen in Deutschland von der Polizei geschützt werden?
  • Wo lebten um 1900 80 Prozent aller Juden und wo liegt das Zentrum jüdischen Lebens heute?
  • Warum wird der Staat Israel nach wie vor von zahlreichen Akteuren in der Region in Frage gestellt?
  • Warum scheint es mehr Menschen in Deutschland ein Anliegen zu sein die israelische als beispielsweise die chinesische Regierung zu kritisieren?
  • Was hat die Gründung des Staates Israel und der deutschen Geschichte zu tun?
  • Wer sollte Adressat sein für Kritik an israelischer Politik?
  • Warum haben anscheinend viele Menschen in Deutschland eine Meinung zum Nahost-Konflikt, aber wissen gleichzeitig oft wenig über die Geschichte der Region?
  • Warum werden deutsche Jüdinnen und Juden für Entscheidungen der israelischen Regierung verantwortlich gemacht und oft genug aufgefordert sich zu distanzieren?
  • Warum wurde auf Basis der UN-Teilungserklärung nicht gleich auch ein Palästinensischer Staat gegründet?
  • Warum müssen in den arabischen Nachbarstaaten über Jahrzehnte hinweg palästinensische Flüchtlinge in provisorischen Lagern leben?
  • Wem verdankt der Staat Israel sein Überleben und Bestehen bis heute?
  • Wann fanden in Israel die letzten freien Wahlen statt?
  • Wer ist in Israel wahlberechtigt und welche gesellschaftlichen Gruppen sind in der Knesset vertreten?
  • Und was hat das alles mit mir zu tun???
Photo by Marcel Strauß on Unsplash

Scheinbare Normalitäten

Vor dem Gebäude steht ein Streifenwagen. Nur wer angemeldet ist und seinen Personalausweis dabei hat, kann die Sicherheitsschleuse im Eingangsbereich passieren.

Die Führung der Synagogengemeinde Köln durch die Synagoge in der Roonstrasse ist Teil des Rahmenprogramms „Hilliges Köln 2.0“, einer Ausstellung anlässlich des 500-jährigen Reformationsjubiläums im Historischen Archiv der Stadt Köln.

Historischer Abriss – das jüdische Leben in Köln hat eine sehr lange Geschichte.

Interessant sind u.a. die religiösen Speise- und Kleidervorschriften. Hier zeigen sich Parallelen zu anderen Religionen.

Einen hohen Stellenwert haben für viele Menschen dieser Gemeinde die Familie und die Pflege von Traditionen. Das macht bekanntermaßen den Umgang mit gleichgeschlechtigen Paaren schwierigerer („Seid fruchtbar und mehret euch…“), aber sie werden toleriert und sind Teil der Gemeinschaft.

Die offene Diskussion schließlich bringt Probleme zu Sprache, die derzeit wenig im Fokus sind und bedrücken. Hierzu gehören die Angst mit Kippa in der Öffentlichkeit angefeindet zu werden und das Gefühl einer in Teilen der Gesellschaft tief verwurzelten Ablehnung.

Zurück zum Ausgangspunkt – scheinbar normal geworden sind Polizeischutz und Sicherheitsvorkehrungen. Aber sie sind es nicht.